Was ist eigentlich eine Innovation?

Veröffentlicht von Matthias - 20. Januar 2020

Jeder spricht davon, jeder verlangt es aber die wenigsten verstehen es überhaupt. Oder könntest Du mir in zwei Sätzen erklären was eine Innovation ist? Wie würdest Du Innovation von Neuerungen oder kreativen Ideen abgrenzen? Oder ist es alles das Gleiche? Was ist eine Innovation und wie entsteht sie?

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Definition von Innovation

Zunächst die Frage: wie wird Innovation eigentlich definiert? Es kursieren viele verschiedene Definitionen umher. Laut Duden ist eine Innovation eine: 1a) geplante und kontrollierte Veränderung, Neuerung in einem sozialen System durch Anwendung neuer Ideen und Techniken Bzw. 1b) Einführung von etwas Neuem; Neuerung; Reform Oder rein wirtschaftlich betrachtet: 2) Realisierung einer neuartigen, fortschrittlichen Lösung für ein bestimmtes Problem, besonders die Einführung eines neuen Produkts oder die Anwendung eines neuen Verfahrens Nach Joseph Schumpeter (ein ziemlich krasser Dude, der sich schon Anfang des 20. Jahrhunderts mit Innovationen und deren wirtschaftliche Bedeutung auseinandergesetzt hat) ist „eine Innovation die Durchsetzung einer technischen oder organisatorischen Neuerung im Produktionsprozess, nicht schon die entsprechende Erfindung“. Ich fasse beide Definitionen zusammen und werde mich ich nachfolgend auf die diese Definition beziehen: Eine Innovation beschreibt eine erfolgreich eingeführte Neuerung, die ein konkretes Problem löst oder ein Bedürfnis befriedigt. Innovationen entstehen absichtlich und haben einen erfinderischen Charakter. Eine Erfindung allein ist jedoch erst eine Innovation wenn es großflächig angewendet wird. Lass‘ mich Dir das anhand von Beispielen erklären.

Beispielinnovation Nr. 1: motorisierte Roller

Die urbane Plage, die coolste Art sich fortzubewegen, eine Gelddruckerei – drei zutreffende Beschreibungen für den E-Scooter, je nach dem wen man Fragt. Ist der E-Scooter aber eine Innovation? Wir überprüfen es anhand unserer Definition: Zuvor gab es keine motorisierte Roller, die einfach per App gemietet werden konnten. Sie sind nicht einfach vom Himmel gefallen (auch wenn es manchmal den Anschein macht) und sie befriedigen das Bedürfnis, die sog. Letzte Meile schnell zu meistern. Nach unserer Definition ist es also eine Innovation. Die Innovation besteht aber nicht in der Invention des motorisierten Rollers. Den gab es schon Jahre vorher für den Privatgebrauch. Um genauer zu sein, fuhren schon vor über 100 Jahren Leute auf motorisierten Rollern in New York umher. Die Funktion war im Prinzip gleich, nur wurde es von einem Verbrennungsmotor angetrieben. Sogar in Deutschland fuhr der sog. Krupp Roller Anfang der 1920er in den Innenstädten herum. Drei Jahre lang hat Krupp die Roller Produziert bevor sie vom Markt genommen wurden. Es gab einfach keinen Bedarf.

Die Voraussetzungen für den Erfolg der E-Scooter

Die Innovation, die von Lime, Bird, Voi etc. angeboten wird, ist nicht der Roller an sich, sondern wie der Nutzer an den Roller kommt. Hierfür waren viele andere Technologien notwendig und haben das Geschäftsmodel erst ermöglicht. Durch Innovationen in der Herstellung von Elektromotoren und Akkus können die Dinger sehr günstig produziert werden. Diverse IoT-Lösungen ermöglichen die Kommunikation jedes einzelnen Rollers mit dem Hauptsystem. Ohne die Standortbestimmung per GPS würde das System auch nicht funktionieren. Nicht zu vergessen das Smartphone, das jeder in seiner Tasche hat und die Möglichkeit damit zu zahlen. Auf sozialer Ebene darf man die Bereitschaft online zu zahlen auch nicht vernachlässigen. Du siehst, der zweite Versuch motorisierte Scooter auf den Markt zu etablieren lief wesentlich erfolgreicher als der Erste. Es waren jedoch diverse neuen Technologien dafür notwendig und vor allem arschviel Geld. Die weltweite finanzielle Vernetzung in Form von Venture Capital war also auch eine Bedingung für den Rollout (hehe). Das Geschäftsmodell ist im Vergleich zum ersten Versuch ganz anders. Es wird gemietet und nicht gekauft. Dadurch befreit man den Kunden von Verbindlichkeiten. Die Roller können überall abgestellt werden. Damit entsteht ein hoher Komfort mit wenig Verantwortung. Auch das passt wie Arsch auf Eimer auf die Bedürfnisse der heutigen Zeit.

Beispielinnovation Nr. 2 : Ford Modell T

Henry Ford ist unter Unternehmern sowie Ingenieuren ein oft zitiertes Vorbild. Sätze wie „ Das Geheimnis des Erfolgs ist, den Standpunkt des anderen zu verstehen“ sind heute so zutreffend wir vor 100 Jahren. Das Modell T wurde 19 Jahre lang produziert. Das letzte Auto lief 1927 über das Band. Es hielt 45 Jahre den Titel des meistverkauften Automobils bis der VW Käfer sich den Titel 1972 schnappte. Den Markt hat Ford also eindeutig durchdrungen. Untersuchen wir den Innovationscharakter.

Was Kunden wollen

Im Anfangs zitierten Satz steckt viel Wahrheit und ein Grund für den Erfolg des Modell T. Anfang der 1900er waren die meisten Menschen es nicht gewohnt Maschinen im Alltag und erst recht privat zu nutzen. Das allgemeine technische Verständnis ist in keiner Weise mit dem heutigen Wissenstand zu vergleichen. Ford entwickelte aus dieser Gegebenheit ein Auto, das extrem einfach zu bedienen war. Es gab nicht einmal eine Gangschaltung. Die Einfachheit wurde auch zu Gunsten der Reparaturfreundlichkeit erhöht. Je geringer die (technische) Komplexität eines Produktes ist, desto unkomplizierter ist die Wartung. Jeder Besitzer eines „Tin Lizzie“ konnte sein Auto ohne Spezialwerkzeuge selber reparieren. Die Ersatzteile gab es in jedem amerikanischen Eisenwarenhandel zu kaufen. Je nach Schaden selbstverständlich. Auf diese Eigenschaften ist Henry Ford nicht durch Kundenumfragen gekommen. Jemand, der noch nie in einem Automobil saß kann solche Wünsche nicht äußern. Um ein weiteres Zitat einzubringen „Wenn ich die Leute gefragt hätte was sie wollen, hätten sie gesagt ein schnelleres Pferd“. Der Input kam nicht von den Kunden in Spe sondern dadurch, dass sich Ford in sie hinein versetzt hat um ihre Bedürfnisse aus Sicht eines Ingenieurs und Produktdesigners zu analysieren. Der erfinderische Charakter des Autos lag also darin Funktionen wegzulassen und eine einfache Wartung zu ermöglichen.

Fertigung und Qualität

Was Käufer natürlich auch wollen ist ein Produkt, das sie sich leisten können. Das Modell T wurde 6 Jahre konventionell, also handwerklich produziert bis automatisch angetriebene Fließbänder eingeführt wurden. Der Fertigungsprozess hat sich also gewandelt. Große Kostenfaktoren wurden identifiziert und angepasst. Die Einführung der Fließbänder in der Automobilproduktion war das Ergebnis sorgfältiger Analysen eines Unternehmers und dem Verbesserungsdrang eines Ingenieurs. Der Verkaufspreis konnte so um fast 60% reduziert werden. Die Qualität des Produktes und seiner Einzelteile musste dabei sogar steigen. Denn bei den einzelnen Arbeitsschritten hatte man keine Zeit um individuell auf Qualitätsschwankungen einzugehen. Im Vergleich zur Konkurrenz war das Auto haltbarer und zuverlässiger. Die Innovation, die maßgeblich den Erfolg von Ford ermöglichte war nicht im Produkt selber zu finden, sondern in dem Fertigungsprozess.

Der Markt

Mehr und mehr Leute sahen automatisch betriebene Fahrzeuge und saßen in ihnen. Die Zeit war geprägt von industriellem Aufschwung, technischen Neuerungen und im Vergleich zum kriegszerrütteten Europa auch mehr und mehr von steigenden Wohlstand. Die Nachfrage war da ebenso, wie das Angebot. Henry Ford fokussierte Sich auf den Arbeitermarkt und passte seine Marketingstrategie dem entsprechend an. Mit Erfolg. Um den Markt zu vergrößern bezahlte er seinen Mitarbeitern einen vergleichsweise sehr hohen Lohn und führte ein neuartiges System zur Gewinnbeteiligung ein. So förderte er die Motivation seiner Mitarbeiter und gewann neue Kunden. Das Geld floss ins Unternehmen zurück.

Was macht also eine Innovation aus?

Versuchen wir aus beiden Beispielen das gelernte zusammenzufassen. Der erfolgreiche Verleih von E-Scootern ist das Ergebnis vieler Innovationen, die von der großen Masse bereits bekannt und akzeptiert sind. Und dem Bedürfnis nicht Laufen zu wollen. Und der immer größer werdenden Aversion gegen Bindung (persönliche Meinung). Der Erfolg des Model T beruht auf den Preis und der einfachen Bedienbarkeit sowie Zuverlässigkeit. Beides sind die Ergebnisse der eigentlichen Innovation: der neuen Fertigungsmethode am Fließband. Was beide Beispiele verbindet ist, dass sie nicht die ersten auf dem Markt waren. Sie haben sich am besten an den Markt angepasst.

Wie erzeugt man eine Innovation?

Dafür gibt es keine Erfolgsformel. Allerdings Berater, die Dir diese verkaufen wollen. Letztendlich haben sich alle großen innovativen Unternehmen ständig verändert. Sie haben sich am Markt angepasst, also vorallem an die Bedürfnisse der Nutzer. Sie haben sich technologisch angepasst und teilweise neue Technologien erschaffen um die Bedürfnisse der Nutzer besser als die Konkurrenz zu befriedigen. Vermutlich kann man die Entwicklung von Produkten am besten mit der Evolution vergleichen: es überlebt der, der sich am besten an die Umwelt anpasst. Das heißt aber auch, dass man überlebt, wenn man die Umwelt an sich selbst anpassen kann.

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