Trust me, I’m an engineer – Der Dunning-Kruger-Effekt

Veröffentlicht von Jannis - 31. Mai 2022

“Trust me, I’m an engineer“ oder auf Deutsch: “Vom Tuten und Blasen keine Ahnung haben”. Beim Dunning-Kruger-Effekt geht es im weitesten Sinne darum, dass je weniger Wissen ein Mensch besitzt, desto höher die Wahrscheinlichkeit ist, dass dieser Mensch seine eigenen Fähigkeiten überschätzt.

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 Und zwar überschätz er sie, weil er nicht weiß, was er alles nicht weiß. Na, wem ist es schon aufgefallen? Je dümmer jemand ist, desto eher denkt dieser, dass er richtig einen auf dem Kasten hat.  In den meisten Fällen ist es eher: Nichts drauf außer Zahnbelag. 

Abbildung 1: www-Profi Axel Voss

Paradebeispiele für den Dunning-Kruger-Effekt

Das wohl wundervollste Paradebeispiel für diesen Effekt lieferte der amerikanische Bankräuber McArthur Wheeler. Das unbekannte 14. Mitglied der Ocean’s Thirteen machte sich das chemische Experiment der Geheimtinte zu Nutze, bei dem man durch Zitronensaft eine unsichtbare Schrift erzeugen kann. Dabei dachte er sich: “Wenn man Schrift damit unsichtbar machen kann, kann man damit bestimmt mehr unsichtbar machen!”  Und jetzt ratet mal, was er wohl benutzt hat, um sich vor den fiesen Überwachungskamera zu verschleiern. Genau! Wie jeder normaldenkende Mensch hat er sich das Zeug ins Gesicht gerieben. Ich meine, bei so einem ausgefuchsten Versuch hätte ich ihm den Erfolg schon gegönnt.  Ein weiteres Beispiel ist die Tatsache, dass alle zwei Jahre bei der WM oder EM sich alle kompetenter als der Trainer fühlen. „Ha ja, ich habe vor 30 Jahren selbscht mal beim FC Luschendorf in der Kreisliga gekickt. Den Job des Trainers könnte ich locker! Und jetzt wechsle mal da Sane ein!“ Oder ein Beispiel aus den letzten zwei Jahren der Corona-Pandemie, als sich alle wie 1. Semester Medizinstudenten verhalten haben und gemeint sie seien Ärzte… Und so weiter und so fort… Wähler meinen, sie könnten das Land besser führen, und viele Menschen sind davon überzeugt, sie fahren Auto besser als der Durchschnitt und fühlen sich dabei wie Dominik Toretto.    Aus solchen Gründen entwickelten die amerikanische Psychologen David Dunning und Justing Kruger den Dunning-Kruger-Effekt. Dabei überschätzen sich die inkompetenten Menschen deutlich und gleichzeitig kompetente Menschen unterschätzen. Das witzige daran ist, dass ihnen das nicht mal bewusst ist. Sie wissen nicht, dass sie dumm sind. 

Abbildung 2: Der „Niemand weiß mehr über diese Sache als ich“-Mann

Um diese Annahme zu überprüfen, testeten die Psychologen mehrere Studenten auf ihre Grammatikkenntnisse. Diejenigen, die sich als sehr gut eingestuft haben, haben beim Test ordentlich versagt. Diejenigen, die sich als eher schlecht eingestuft haben, haben dagegen sehr gut abgeschnitten.  

Wie umgeht man den Dunning-Kruger-Effekt? 

Nun ja. Nach der alten Manier: Wissen ist Macht. Um dieses Problem der fehlerhaften Selbsteinschätzung zu umgehen, hilft in den meisten Fällen, wenn man sein Wissen erweitert. Je mehr man über etwas lernt, desto höher wird die Kompetenz und desto geringer die Ignoranz. Außerdem hilft es, wenn man solchen Menschen so oft wie möglich Feedback gibt und sie darauf hinweist, an ihrer Selbstreflexion zu arbeiten.   Um das Ganze noch genauer darzustellen, habe ich als Medienstudent meine gesamte Palette an gestalterischen Fähigkeiten zusammengepackt und ein Schaubild erstellt:

Abbildung 3: Der Dunning-Kruger-Effekt (Erstellt von einem Medienstudenten)

Natürlich hat der Dunning-Kruger-Effekt auch seine gewissen Vorteile. Durch Selbstüberschätzung oder die selbst auferlegte Prophezeiung sind Menschen positiver und mehr von sich überzeugt, wodurch sie bestimmte Aufgaben anders angehen als Menschen, die von sich nicht überzeugt sind. Realistisch gesehen führt das aber schnell zu einer Sackgasse.  Gerade im Projektmanagement ist es wichtig, sich über dieses Problem im Klaren zu sein, da es oft darum geht, die Teammitglieder effektiv einzusetzen und das Beste aus ihnen herauszuholen. Hat man eine Person im Team, die übertrieben stark von sich selbst überzeugt ist, obwohl sie das vielleicht nicht sein sollte, so kann es die Aufgabe eines Projektmanagers sein, diese Person behutsam darauf hinzuweisen. 

Der negative Gegenspieler: Das Imposter-Syndrom 

Auch der Dunning-Kruger-Effekt hat seinen Gegenspieler. Das Imposter- oder Hochstapler-Syndrom. Im Gegensatz zum positiven Selbstbild besitzt man hier ein negatives Selbstbild, obwohl andere diese Personen als äußerst Kompetent einschätzen.   Diese Menschen haben ständig das Gefühl nicht gut genug zu sein oder haben Angst aufzufliegen. Dabei kommen Fragen auf wie: „Was genau mach ich hier eigentlich“, „Hoffentlich merkt keiner das ich es nicht kann“, „Schaff ich das überhaupt?“. Umso schlechter das eigene Selbstwertgefühl ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass man an diesem Imposter-Syndrom leidet.  

Was für Symptome weist das Imposter-Syndrom auf? 

Für das Imposter-Syndrom kann es verschiedene Gründe geben. Beispielsweise: 

  • Selbstzweifel: Hört auf damit, ihr seid awesome! 
  • Kompetenzen können nicht realistisch eingeschätzt werden 
  • Zu hohe Ansprüche an euch selbst: Ihr seid so gut wie ihr seid! 
  • Distanz zu euren Kollegen und Teammitgliedern 
  • Perfektionismus: Nobody is perfect! 
  • Überbelastung und Burnout: Sprecht darüber. Es ist keine Schande! 
  • Wenig Selbstwertgefühl: Nochmal: You are awesome! 
  • Geringes Selbstbewusstsein: Du kannst das, du schaffst das, du machst das! 

Zu welchen Problemen führt das Ganze? 

Gerade Social Media ist ein weiteres Negativbeispiel. Auf verschiedenen Kanälen sehen wir immer nur das Beste und Tollste und was andere Menschen so erreicht haben. Automatisch vergleicht man sich mit diesen Menschen und denkt, dass man sowas nie erreichen wird.   Das Problem dabei ist, dass viel Potential verschenkt wird. Unsere Ideen kommen nicht ans Tageslicht und wir können uns nicht 100% selbstverwirklichen. Man könnte sagen, wir stehen uns auf langer Sicht selbst im Weg!   Vergleicht man das mit unserem Ocean’s Thirteen-Mitglied von oben, hätte er bereits vor dem Banküberfall das Handtuch geworfen. 

Wie kann man das Imposter-Syndrom bekämpfen? 

Der erste Schritt klingt ziemlich einfach: Sich bewusstwerden, dass es das Imposter-Syndrom ist. Allein darüber Bescheid zu wissen, gibt uns schon die Chance, damit besser umzugehen. Im nächsten Schritt gibt es verschiedene Herangehensweisen, um noch mehr aus dieser Teufelsspirale herauszukommen. 

  • Gedanken umstrukturieren: Wenn ihr merkt, dass ihr wieder nur das Negative in euch und eurer Leistung seht, dann dreht die Gedanken herum. „Hey, du siehst wieder alles schwarz.“,  
  • Darüber reden: Geht zu einem Psychologen oder Coaching. Es ist keine Schande, einen Psychotherapeuten oder Psychotherapeutin zu besuchen, sondern eher eine Stärke. Bei einer guten Therapie könnt ihr lernen, Komplimente anzunehmen und wie man sich nicht immer klein redet 
  • Erfolgstagebücher und Dankbarkeitsbücher: Durch Erfolgstagebücher könnt ihr sehen, was ihr bereits erreicht habt, und das kann alles sein: „Ich habe heute beim ersten Versuch das Papierknäul aus fünf Meter in den Mülleimer geworfen.“. What a win! Ein weiter Vorteil ist, dass ihr eure Erfolge immer wieder erleben könnt. Zusätzlich könnt ihr durch ein Dankbarkeitsbuch lernen, öfters positiver zu denken und auf diese Weise auf langer Sicht glücklicher werden. Ein gutes Beispiel für ein Erfolgstagebuch ist das 6-Minuten-Tagebuch. 

Auch das Imposter-Syndrom sollte bei Projektmanagern ein gängiger Begriff sein. Wenn sie bemerken, dass ein Teammitglied “Symptome” davon aufweist, können diese gegenlenken.   Wie ihr gesehen habt, gibt es zu jedem Ying auch ein Yang. Sowohl der Dunning-Kruger-Effekt als auch das Imposter-Syndrom stehen uns selbst und in unserer Arbeit im Weg. Wenn wir uns dessen bewusstwerden und in einem passenden Tempo daran arbeiten, können wir unser Leben und unser Umfeld auf Dauer positiver werden lassen. Also ran an den Speck! 

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